Phänomenologisch Leben führt uns zurück zu dem Es-gibt-Nichts-zu-tun und wir sind dennoch ein Teil des Ganzen, wir sind liebenswert, wir haben zu 100% eine Berechtigung da zu sein. Wo es im Glauben noch heißt, wir sind ein Kind Gottes und somit kann an uns nichts falsch sein, doch eben dieses Tiefe Vertrauen haben viele von uns schon früh verloren. Manchmal so früh, dass sie mit Glaubenssätzen wie „Ich muss dafür kämpfen, auf der Welt sein zu dürfen oder um zu überleben“ bereits geboren wurden. Somit sehe ich die Worte von Wilfried Nelles „Statt eines Lehrers suche einen Leerer“ als wertvoll an. Wenn wir jemanden brauchen, dann um wieder daran erinnert zu werden, dass es Nichts zu tun gibt.
Also natürlich haben wir Dinge, die halt einfach zu einem Alltag dazu gehören. Doch diese brauchen nicht die Qualität des sich eine Berechtigung zu Leben und zu Lieben zu verdienen. „Das Leben geschieht.“ ist in diesem Sinne ein Satz, der mich immer wieder entspannt. So wie wir uns ganz von alleine entwickeln und wachsen (und ja, dafür mussten wir z. B. auch essen, trinken, atmen – gar keine Frage) ebenso geschieht das Leben weiter. Nicht zu vergessen: ab der Lebensstufe 4, also dem Erwachsen sein, kommt etwas Neues hinzu: Wir sind frei. Freiheit ist ein Phänomen, dass uns in der Jugend zuerst begegnet. Wir können sie schon schnuppern, doch sind noch sehr unfrei. Abhängig von den Eltern, der Schule, dem Dazugehören usw. Dann werden wir physisch erwachsen. Und natürlich heißt das nicht, dass wir diese Freiheit sofort vollkommen auskosten können. Das ist eine wiederum natürliche Entwicklung, die ihre Zeit braucht und vielleicht erst auf dem Sterbebett oder darüber hinaus auf sich warten lässt. Und dann ist das so und hätte nicht anders sein können. Meint, wir können Ideen von Freiheit hinterher eifern. Doch es bleiben Ideen. Sie sind innerlich leer. Wahre Freiheit erfahren wir, wenn sie von ganz alleine, oder eben vom Leben aus, geschieht. Dafür gibt es nichts zu tun.
Okay, landen wir in einem Seminar, einer Aufstellung, in der wir zum ersten Mal bewusst damit in Kontakt kommen, könnten wir meinen, hey, dafür haben wir doch etwas getan und das ist exakt der Weg, den ein Mensch gehen muss. So sehe ich es nicht. Das ist natürlich verlockend. Und ich bin dankbar diesen Weg in meinem Leben zu erleben. Doch das konnte ich mir nicht aussuchen. Das ist ganz individuell. Auch als Therapeutin ist es eine andere Qualität der Arbeit, wenn wir nichts tun, niemand retten oder gar heilen möchten. Sondern wenn wir innerlich dem folgen, was geschieht, ohne zu wissen, worum es geht, ohne es rund machen zu wollen.
Gestern erzählte mir eine Frau, sie spürte gerade den Drang, wegzulaufen vor dem, was da innerlich in ihr ist. Darauf erwiderte ich spontan, dann soll sie weiter weglaufen, bis sie es eben nicht mehr macht. Das geschieht von alleine. Dann wenn es an der Zeit ist und auch das ist ein Akt der Selbstliebe. Manchmal kommt es dazu, dass für die innere Bewegung das Weglaufen gar nicht mehr so interessant ist, wenn wir es bewusst wahrnehmen und dem auch noch zustimmen. Also immer, wenn wir in eine Bewegung des „Ich muss aber…“ geraten, ist das Quatsch. Können wir machen. Machen wir bestimmt immer wieder. Tief im Innern ist es aber Quatsch. Und wenn wir das wahrnehmen kommt es irgendwann von alleine in den Vordergrund.
Noch einmal zu erwähnen: Dieses Wahrnehmen müssen wir auch nicht aktiv machen. Das kommt von alleine. Einfach so. Oder, weil Du diese Zeilen liest oder etwas erlebst oder jemanden erlebst, der einfach wahrnimmt. So viel zunächst zu der Phänomenologischen Haltung, wie ich sie erlebe und erfahre. Mehr „Anleitung“ benötigt es nicht. Da wir da immer wieder reinrutschen, dass es ja etwas zu tun gibt, landen wir in Seminaren, Coachings, Aufstellungen. Das ist ganz menschlich und kann uns dann auch gut tun und unser Leben entspannen. Doch das haben wir uns dann nicht ausgesucht, sondern auch da hat uns das Leben hingeführt. Und wenn es guttut, danach stolz auf uns zu sein, dann sind wir stolz auf uns, mit jeder Zelle. Ohne, dass wir es müssen, einfach, weil es zu unserer Entwicklung gerade dazu gehört und das Leben es als Weg zur Lebendigkeit wählt.
Kim, 03.02.2025
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